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Die neue AVBFernwärmeV: Hindernis oder Ansporn für die Energiewende? Das Bundeswirtschaftsministerium hat mit seiner überarbeiteten Fassung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) eine hitzige Debatte entfacht. Während Verbraucherschützer die Änderungen als Schritt in die richtige Richtung feiern, sehen Energieverbände wie der BDEW und der AGFW die Pläne kritisch. Doch ist die neue Verordnung tatsächlich ein Hindernis für die Energiewende, oder werden hier lediglich Versorger in die Verantwortung genommen, die bislang wenig Engagement für erneuerbare Energien gezeigt haben?
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Zu den Hauptkritikpunkten zählt unter anderem die eingeschränkte Flexibilität für Versorger (§ 32 AVBFernwärmeV). Die Novelle sieht erleichterte Kündigungsmöglichkeiten für Verbraucher sowie neue Regelungen für Vertragslaufzeiten vor. Die Kündigungsfristen bleiben wie im ersten Entwurf bei 6 Monaten – jedoch neu: mit Beendigung des Mietverhältnisses können Verbraucher mit einmonatiger Frist zum Monatsende kündigen. So können Verbraucher Mietverträge mit einer einmonatigen Kündigungsfrist beenden, während für Versorger eine maximale Vertragslaufzeit von 10 Jahren gilt. Diese Maßnahmen führen laut Kritikern zu großer Unsicherheit und erschweren die Transformation der Wärmeversorgung.
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Ebenso wird die Preisgestaltung problematisch gesehen (§ 24 AVBFernwärmeV). Wie bisher sollen Preisanpassungen einerseits die Kostenentwicklungen bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme, als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt (Wärmepreisindexe) angemessen berücksichtigen. Nun lautet es aber, dass das Kostenelement und das Marktelement zu gleichen Teilen gewichtet werden sollen. Die Novelle setzt eine starre Indexkombination durch, bei der Preisanpassungsklauseln für den Arbeitspreis zur einen Hälfte aus Marktanteilen (gemeint ist hier der Wärmepreisindex) und zur anderen Hälfte aus Kostenelementen (bspw. ein Index für die Erdgaspreisentwicklung) bestehen. Dadurch könnten kurzfristige, aber auch mittelfristige Preisspitzen im Erdgashandel bspw. deutlich schlechter an Wärmekunden weiter gegeben werden, da der Wärmepreisindex viel träger auf Preisspitzen im Erdgassektor reagiert, als der in Verträgen häufig verwendete Index „GP09-3522 24 Erdgas, bei Abgabe an Kraftwerke“. Betroffen sein werden besonders die Stadtwerke, die bislang noch moderate Wärmepreise aus fossilen Quellen anbieten konnten und sich nun dazu gezwungen sehen könnten, allein aus Risikogesichtspunkten die Preise anzuheben oder ihre Erzeugerstruktur entsprechend der Formel anzupassen, um unabhängiger von Preisschwankungen der sog. Kostenelemente zu werden. Versorger, die bislang vor allem fossile Energien genutzt haben, beklagen eine Einschränkung ihres finanziellen Spielraums. Die notwendige Transformation hin zu erneuerbaren Technologien könnte dadurch gebremst werden. Ein weiteres Problem: Um Investitionskosten neu kalkulieren zu können, müssten bestehende Kundenverträge gekündigt und neu verhandelt werden. Das schafft Unsicherheit und schreckt ab. Die Verordnung könnte kurzfristig zu niedrigeren Gewinnmargen führen – insbesondere bei Versorgern mit hohem fossilen Energieanteil – und damit die Finanzierung neuer, klimafreundlicher Projekte erschweren.
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Ein letzter kritischer Punkt, welcher durch den BDEW erwähnt wird, ist der erhöhte bürokratische Aufwand. Neue Informationspflichten, wie etwa detaillierte Angaben zu Netzverlusten in Prozent, Kilowattstunden und Durchschnittswerten pro Trassenkilometer, werden als unverhältnismäßig und kostenintensiv eingestuft. Diese Anforderungen könnten die Kosten für Versorger in die Höhe treiben, ohne einen erkennbaren Mehrwert für Verbraucher zu schaffen.
Das Ziel der Energiewende erfordert einen Wandel hin zu nachhaltigen Lösungen. Dass dies mit Herausforderungen verbunden ist, liegt auf der Hand. Dennoch stellt sich die Frage: Sind es tatsächlich die Regelungen, die den Wandel erschweren?
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Die Novelle kommt erst in der nächsten Legislaturperiode. Der AGFW (Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V.) begrüßt mit Pressemitteilung vom 13.12. diese Verschiebung und rät dazu, die darin enthaltenen Regelungen noch einmal anzupassen, um mehr Flexibilität für Versorger sicherzustellen.
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Fazit: Die Konsequenzen der Verordnung sind individuell. Mit der aktuellen Fassung der AVBFernwärmeV Novelle ist es zu einer großen Kluft zwischen den Verbrauchern auf der einen, und den Versorgern auf der anderen Seite gekommen. Dass die Novelle nun nicht mehr in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird, wird entsprechend unterschiedlich von beiden Seiten bewertet. Klar ist, dass die aktuelle Ausgestaltung der Regelungen Risiken vom Kunden hin zum Versorger verlagert. Ob hieraus Konsequenzen für den Ausbau der Fernwärme resultieren, ist abhängig von der Situation vor Ort und wird beeinflusst durch Faktoren wie die kommunale Wärmeplanung, die Strategie der örtlichen Versorger sowie die Verfügbarkeit regenerativer Versorgungsalternativen. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussionen bleibt darüber abzuwarten, wann und wie die Novelle genau umgesetzt wird.
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