Kommunale Finanzprobleme erschweren die Wärmewende und den Ausbau nachhaltiger Energieinfrastrukturen
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Die finanzielle Notlage der Kommunen gefährdet die Wärmewende und erschwert die Planung sowie den Ausbau nachhaltiger Energieinfrastrukturen
Die finanzielle Lage der deutschen Kommunen spitzt sich weiter zu und gefährdet die dringend notwendige Wärmewende. Vertreter des Deutschen Städtetages warnen, dass kaum eine Stadt in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Dies könnte gravierende Auswirkungen auf die kommunale Wärmeplanung und den Ausbau nachhaltiger Energieinfrastrukturen haben.
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Die Finanzierung der Wärmewende und des Netzausbaus ist unklar, während freiwillige Aufgaben wie Klimaschutz und Klimaanpassung durch den finanziellen Druck der Kommunen stark gefährdet sind
Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Leipzig, betont die immense Unsicherheit bei der Finanzierung anstehender Investitionen: „Wie diese massiven Investitionen finanziert werden sollen, ist kaum geklärt und bleibt an uns hängen.“ Auch Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Münster, sieht keine langfristige Perspektive für die Finanzierung der Wärmewende und des Netzausbaus.
Katja Dörner, Vizepräsidentin des Städtetages und Oberbürgermeisterin von Bonn, warnt, dass besonders freiwillige Aufgaben wie der Ausbau von Radwegen und öffentlicher Grünflächen unter dem finanziellen Druck leiden. Da Städte gesetzlich nicht verpflichtet sind, in diese Bereiche zu investieren, besteht die Gefahr, dass sie als Erstes gekürzt werden. Dabei seien diese Investitionen essenziell und dürften nicht dem Rotstift zum Opfer fallen.
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Hohe Investitionen in die kommunale Wärmeplanung sind erforderlich, doch finanzielle Engpässe gefährden sowohl die Wärmewende als auch die Verkehrswende, da Städte sogar Bus- und Bahnlinien streichen müssen
Die kommunale Wärmeplanung vieler Städte zeigt den gewaltigen Investitionsbedarf. Die Stadt Bonn hat ihre Planung bereits abgeschlossen – ein Jahr vor der gesetzlichen Verpflichtung. Allein dort liegt das erforderliche Investitionsvolumen im Milliardenbereich. In Leipzig werden in den kommenden zehn Jahren rund sechs Milliarden Euro benötigt, um die Fernwärme und eine non-fossile Versorgung sicherzustellen. Auch Münster steht vor ähnlich hohen Investitionen, insbesondere im Bereich der Geothermie.
Nicht nur die Wärmewende, sondern auch die Verkehrswende gerät in Gefahr. „Städte müssen aufgrund ihrer prekären Finanzlage sogar Bus- und Bahnlinien streichen, statt neue zu schaffen“, warnt Jung. Statt eines nachhaltigen Ausbaus droht somit ein Rückschritt, der die Zukunftsfähigkeit der Städte gefährdet.
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Eine Umfrage des Deutschen Städtetages zeigt, dass immer mehr Großstädte ihre Haushalte nicht ausgleichen können, während steigende Sozialausgaben und unzureichende Finanzierungen die Kommunen zunehmend belasten.
Eine Blitzumfrage des Deutschen Städtetages unter 100 Großstädten zeigt alarmierende Zahlen: Nur 6 % der Städte können 2025 einen ausgeglichenen Haushalt ohne Rücklagen präsentieren – im Vorjahr waren es noch 21 %. Der Anteil der Städte, die selbst mit Rücklagen keinen ausgeglichenen Haushalt mehr erreichen, steigt von 27 % auf 37 %. Markus Lewe sieht die Ursachen vor allem in strukturellen Problemen: „Die Sozialausgaben laufen uns davon, während Bund und Länder immer mehr Aufgaben auf die Kommunen abwälzen, ohne eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen.“
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Ohne eine stabile finanzielle Basis droht die Energie- und Wärmewende zu scheitern, weshalb der Deutsche Städtetag eine Reform der Schuldenbremse fordert. Die angespannte Finanzlage gefährdet nicht nur Infrastrukturprojekte, sondern auch das Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit, sodass die Bundesregierung dringend handeln muss.
Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), warnt davor, dass die Energie- und Wärmewende ins Wanken gerate, wenn es in den Städten keine solide finanzielle Basis gebe. Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, müssten Stadtwerke ihre Investitionen vervielfachen. Doch wenn finanzstarke Städte ihre Stadtwerke nicht mehr durch Bürgschaften und Zuschüsse unterstützen können, werden zentrale Investitionen erheblich erschwert.
Der Deutsche Städtetag fordert eine Reform der Schuldenbremse, um Zukunftsinvestitionen nicht zu blockieren. „Wenn die Schuldenbremse Zukunftsinvestitionen verhindert, muss sie reformiert werden“, betont der Städtetag.
Beim jüngsten Städtetag wurde betont, dass die Finanzlage vieler Kommunen bereits an der Belastungsgrenze ist. Diese zunehmend untragbare Situation gefährdet nicht nur wichtige Infrastrukturprojekte, sondern auch das Vertrauen der Bürger in die politische Handlungsfähigkeit. „Wenn die Menschen den Staat nur noch als Mangelverwalter und nicht mehr als Gestalter erleben, leidet das Vertrauen in die Demokratie“, warnt Lewe.
Die zukünftige Bundesregierung steht vor der Herausforderung, die Finanzlage der Kommunen zu stabilisieren und damit die Wärmewende zu retten.
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