Mehr Markt für erneuerbare Energien wagen: EEG-Reform für Wind & Solar

,

Wie eine EEG-Reform den Wind- und Solarausbau absichert und das Stromsystem effizienter macht

Im Hinblick auf die auslaufende Genehmigung der EEG-Förderung durch die EU-Kommission hat der Thinktank Agora Energiewende Vorschläge zur Vergütung von Solar- und Windenergie ab 2027 entwickelt. Es wird eine Kombination aus Differenzverträgen (Contract for Difference – CfD) und Power Purchase Agreements (PPA) vorgeschlagen, die Investitionssicherheit schaffen und volkswirtschaftliche Kosten senken soll.

Unter Contract for Difference versteht man in der Energiewirtschaft ein Fördermodell, bei dem sowohl die positiven als auch negativen Abweichungen von einem festgelegten Referenzpreis an den Vertragspartner ausgezahlt werden. Das bedeutet, dass eine Mindestvergütung garantiert, die Erlöse jedoch gedeckelt werden. Man spricht in diesem Kontext auch von einer symmetrischen Marktprämie.

Jährliche Investitionen von rund 15 Mrd. Euro notwendig

Um die Klimaziele 2030 zu erreichen, sind jährliche Investitionen in Höhe von rund 15 Milliarden Euro in Onshore Wind- und Solarenergie notwendig. Ohne eine staatliche Absicherung würden hier Risiken und Kapitalkosten steigen, was zu einer Verzögerung des Zubaus führt und somit die Zielerreichung gefährdet. Zusätzlich untergräbt das aktuelle mengenbasierte Marktprämienmodell im EEG die Effizienz des Strommarktes, da kurzfristige Preissignale verzerrt werden.

Kombination von CfDs und PPAs soll Risiken und Chancen zwischen Investor und Staat fairer verteilen

Durch die Kombination von CfDs mit PPAs soll erreicht werden, dass bei EE-Anlagen anfangs auf eine marktwirtschaftliche Finanzierung der Anlagen gesetzt wird, die mit Ablauf der PPAs in eine staatliche Risikoabsicherung übergeht. Durch die Kopplung der CfDs mit einer Referenzanlage soll erreicht werden, dass die Wind- und Solarproduktion von den Anlagenbetreibern stärker am Marktwert der gehandelten Energie ausgerichtet wird.

Die Kombination von staatlicher Absicherung über einen CfD und eine PPA-Finanzierung der EE-Anlagen soll Risiken und Chancen zwischen Investor und Staat fairer verteilen. Der Investor entscheidet zum Zeitpunkt der Investition über die Dauer der staatlichen Absicherung über einen CfD wird. Sollten Erlöse aus der Vermarktung der Energie in diesem Zeitraum oberhalb der im CfD definierten Förderhöhe liegen, fließen die Mehrerlöse dem Staat und somit dem EEG-Konto zu.

Finanzielles Anreizsystem alleine nicht ausreichend

Neben den finanziellen Anreizsystemen sind zusätzliche Instrumente notwendig, um ein kosteneffizientes und klimaneutrales Energiesystem zu etablieren. Hierbei sind Elektrifizierungsanreize im Hinblick auf Power-to-Heat-Anlagen, Speichertechnologien, Elektromobilität und Wärmepumpen zu schaffen. Diese fördern die Marktfähigkeit von EE-Anlagen und senkt deren Kosten für den Bundeshaushalt.

Neben diesen Vorschlägen zur Vergütung zeigt die Studie drei Herausforderungen auf, die im Hinblick auf das aktuelle Marktprämienmodell von EEG-Anlagen bestehen.

Der Staat schöpft bei anhaltend sehr hohen Strompreisen Erlöse ab

Die fossile Energiepreiskrise von 2022/2023 zeigte, dass hohe Strompreise zu staatlichem Interventionsdruck (Energiepreisbremse) führten. Während im aktuellen Marktprämienmodell die Markterlöse bei den Anlagenbetreibern verbleiben, müssen Investoren künftig mit spontanen Abschöpfungen in Krisenzeiten rechnen. Die geplante Reform hin zu zweiseitigen Instrumenten wie Differenzverträgen (CfDs), die sowohl Erlöse als auch Risiken begrenzen, soll solche Abschöpfungen verbindlich regeln und entspricht den Vorgaben der europäischen Strombinnenmarktrichtlinie seit Juni 2024.

Die zunehmende Häufigkeit von Stunden mit negativen Preisen untergräbt die Wirtschaftlichkeit von Investitionen in Windkraft- und Solaranlagen

Im Jahr 2024 gab es bereits 452 Stunden (301h in 2023) mit negativen Preisen, bei denen Strom nicht vergütet wurde oder sogar Kosten für die Einspeisung entstanden. 18 % der Energie aus Solaranlagen wurden in diesen Stunden produziert. Dies erhöht das Risiko für Investoren, da diese Systemüberschüsse Erlösausfälle zur Folge haben. Diese werden durch externe Faktoren wie Hochlauf der Elektromobilität, Batteriespeicherung oder dem Betrieb von Elektrolyseuren hervorgerufen, die nicht durch die Betreiber von EE-Anlagen kontrollierbar sind.

Das Marktprämiensystem führt zu operativen Fehlanreizen, die mit zunehmender Systemverantwortung erheblich an Relevanz gewinnen

Das Marktprämiensystem verursacht Fehlanreize, da die Prämienzahlung auf den Day-Ahead-Markt beschränkt ist und Veränderungen im Intraday- oder Regelleistungsmarkt nicht berücksichtigt werden. Negative Preise oder Systemüberschüsse im Intraday-Markt beeinflussen die Marktprämie nicht, was zu ineffizientem Verhalten führt. Beispielsweise wird Strom auch bei negativen Intraday-Preisen weiter eingespeist, wenn er im Day-Ahead-Markt leicht positiv bewertet wurde, was Systemungleichgewichte verschärft und zusätzliche Kosten verursacht.

Um diesen Herausforderungen entgegenzuwirken, werden zwei verschiedene Lösungsoptionen entwickelt:

Ergänzung der Marktprämie um eine wirkungsvolle Abschöpfungsgrenze und Mengenförderung

Um die Erlösrisiken der Anlagenbetreiber und der staatlichen Förderung zu reduzieren, könnte das Markprämienmodell hin zu zweiseitigen Differenzverträgen weiterentwickelt werden. In diesem Rahmen würde vorab ein Erlöskorridor definiert werden, innerhalb dessen die Anlage ohne Zahlungen vom Staat oder an den Staat betrieben wird. Wenn die Erlöse unterhalb dieses Korridors liegen, erhalten die Anlagenbetreiber die vereinbarten Mindesterlöse. Wenn die Erlöse oberhalb des definierten Korridors liegen, werden die entstehenden Mehrerlöse durch den Staat abgeschöpft. Dies könnte zu einer Senkung der Finanzierungskosten führen und die Erlösausfälle bei negativen Preisen teilweise ausgleichen.

Die Weiterentwicklung von der Laufzeitförderung hin zu einer mengenbasierten Förderung soll dazu führen, dass durch Abregelungen der Anlage bei negativen Energiepreisen entstehende Erlösrisiken minimiert werden. Dies würde Anreize für einen netzdienlichen Betrieb und nicht für einen erlösorientierten Betrieb der Anlage setzen.

Weiterentwicklung zu einem produktionsunabhängigen Investitionsinstrument

Eine weitere Möglichkeit der Weiterentwicklung des Modells ist eine von der Produktion entkoppelte Förderung. Es wird hier lediglich die installierte Leistung gefördert, analog der Systematik in den Kapazitätsmärkten. Der Anlagenbetreiber erhält für seine installierte Leistung fixierte Zahlungen, die durch das Ausschreibungsverfahren bestimmt wird.

Die Erlöse aus der Vermarktung der erzeugten Energie werden dem Staat erstattet. Als Basis der Erlösabschöpfung dienen nicht die tatsächlichen Erlöse der Anlage, sondern die einer im Vorfeld definierten Referenzanlage. Dies setzt den Anlagenbetreibern den Anreiz, die eigene Anlage effizienter zu planen und zu betreiben, als es bei der Referenzanlage der Fall ist.  So können Marktinstrumente wie bspw. PPAs in die langfristige Finanzierung integriert werden und entlasten somit die staatlichen Finanzierungskosten.

Fazit

Die von Agora Energiewende aufgezeigten Lösungsoptionen sind ein mutiger und wichtiger Schritt hin zu einem effizienteren Ausbau von erneuerbaren Energien. Sie bieten Lösungen an, wie die Investitionssicherheit erhöht und volkswirtschaftliche Kosten reduziert werden können. Die künftige Bundesregierung muss zentrale Fragen, wie die Festlegung von Referenzprofilen, -anlagen und -preisen in einem Investitionsmodell ohne Berücksichtigung der Produktion, auf Grundlage umfassender und transparenter Datenanalysen klären. Ein offener Dialog mit den Fachverbänden kann dazu beitragen, die Erfolgschancen der Reform zu erhöhen.