Bundesregierung plant im Wärmemarkt weitreichende Reformen

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Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz steht vor vielen Herausforderungen in der Wärmepolitik. In ihrem Koalitionsvertrag kündigen Union und SPD eine Reihe konkreter Vorhaben an – von neuen Förderregeln über eine Preisaufsicht bis hin zur Reform des Heizungsgesetzes. Fünf Punkte stehen im Mittelpunkt der schwarz-roten Wärmewende.

Aktualisierung des Gebäudeenergiegesetzes und der Wärmeplanung

Die neue Koalition plant die GEG-Novelle der Ampel-Regierung (Heizungsgesetz) vollständig abzuschaffen. An dessen Stelle soll ein neues technologieoffenes, flexibleres und einfacheres Gesetz treten, das sich stärker an der erreichbaren CO₂-Vermeidung und nicht auf Energieträger orientiert. Hierbei soll der Quartiersansatz gestärkt sowie das Zusammenspiel mit der kommunalen Wärmeplanung deutlich vereinfacht werden.

Aktualisierung der AVB Fernwärmeverordnung und Wärmelieferverordnung

Die bestehenden Regelungen zur Fernwärme- und Wärmeversorgung gelten als veraltet und sollten von der neuen Regierung zügig überarbeitet und modernisiert werden. Ziel ist es, verlässliche Investitionsbedingungen zu schaffen und gleichzeitig Verbraucherschutz und die Interessen der Versorgungsunternehmen ausgewogen zu berücksichtigen.

Stärkung der Wärmepreisaufsicht und Einführung einer Schlichtungsstelle

Die Koalition will für mehr Transparenz und Fairness auf dem Wärmemarkt durch eine gestärkte Preisaufsicht sorgen. Ergänzend dazu soll eine unbürokratische Schlichtungsstelle eingerichtet werden, um Streitfälle zwischen Verbrauchern und Versorgern einfacher und nachhaltiger zu lösen. Hierbei soll die Schlichtung erst bei konkreten Streitfällen einschreiten und nicht präventiv in Unternehmensentscheidungen eingreifen, um die Investitionsbereitschaft der Wärmeversorger nicht zu gefährden.

Stärkere Balance bei der Förderung von Fernwärme und Wärmepumpen

Die neue Regierung setzt auf eine ausgewogenere Förderung der beiden zentralen Wärmewendeprogramme Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) und Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Während in der Vergangenheit vor allem Wärmepumpen über das BEG großzügig mit Fördermitteln ausgestattet wurden, soll künftig auch die Fernwärme deutlich stärker unterstützt werden. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze soll gesetzlich geregelt und deutlich aufgestockt werden, um den Bau von Nah- und Fernwärmenetzen gezielt zu unterstützen.

Schaffung eines Energiewendefonds

Um weiteres Kapital für die Energiewende aufzubringen, möchte die Bundesregierung durch öffentliche Garantien auch privates Kapital mobilisieren. Hierzu möchte sie zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital bei Investitionen einen neuen Investitionsfonds für die Energieinfrastruktur auflegen. Damit greift die Koalition eine langjährige Forderung von den Energieverbänden BDEW und VKU auf.

Fazit: Der Koalitionsvertrag beinhaltet eine Reihe konkreter Vorhaben, dabei fallen die Dringlichkeit und das Konfliktpotenzial unterschiedlich hoch aus

Bei dem Gebäudeenergiegesetz ist der Handlungsdruck besonders hoch, da Kommunen und insbesondere Großstädte bereits bis 2026 Wärmepläne vorlegen müssen. Zusätzlich drängt die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht bis 2026, auch wenn die Bundesregierung versuchen will, die Fristen zu verlängern. Ebenfalls ist das Konfliktpotenzial bei diesem Thema hoch: Während die CDU auf eine tiefgreifende Reform drängt, möchte die SPD das Gesetz in seiner Grundstruktur nicht vollständig aufgeben. Neben den bisherigen allgemein gehaltenen Forderungen der Parteien muss nun schnellstmöglich Klarheit über die genaue zukünftige Ausgestaltung des GEG geschaffen werden, um Bürgern und Energieversorgern Planungssicherheit zu geben.

Weiterhin gilt die Reform der Verordnungen zur Fernwärme- und Wärmelieferversorgung ebenfalls als dringend, denn steigende Fernwärmepreise sind für die Politik ein sehr sensibles Thema. Grund für die Sensibilität ist das Aufeinandertreffen zwei zentraler politischer Ziele: sozialer Verbraucherschutz vor steigenden Wärmepreisen und Investitionsanreize sowie wirtschaftliche Interessen der Wärmeversorger. Entsprechend hoch ist hierbei auch das Konfliktpotential. Eine Auswertung der Firma Ista hat bei der Entwicklung der Fernwärmekosten bereits ergeben, dass für das Jahr 2024 die Fernwärmekosten um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Preisentwicklungen bei der Fernwärme mit erheblichem Zeitverzug bei Bürgern ankommen. Der Blick auf die Gesamtrechnung zeigt aktuell jedoch noch, dass die Fernwärme wettbewerbsfähig ist. Damit dies auch weiterhin der Fall bleibt, ist eine Aktualisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen zeitnah umzusetzen.

Zu dem Thema „Wärmepreisaufsicht und Schlichtungsstelle“ wurde im Koalitionsvertrag kein konkreter Zeitrahmen genannt, was auf eine geringere Priorität im Vergleich zu anderen Baustellen hindeutet. Das Konfliktpotential ist hier auch eher mäßig. Obwohl sich Verbraucherschützer schon Anfang des Jahres eingebracht, und einen Preisdeckel für die Fernwärme gefordert hatten, haben die Union und SPD sich darauf ausdrücklich nicht geeinigt, was die Wärmebranche beruhigen dürfte. Unklar bleibt jedoch, wie die geplante „unbürokratische Schlichtungsstelle“ konkret ausgestaltet werden soll, was vermutlich noch weitere Konfliktpotentiale bergen wird. Für eine angemessene Nutzung der Schlichtungsstelle ist sicherzustellen, dass diese nicht bei jedem beliebigen Thema und noch vor unternehmerischen Entscheidungen beliebig angerufen werden kann, sondern nur nach Auftreten eines Streitfalls.

In Fragen von Fernwärme- und Wärmepumpenförderung muss rasch gehandelt werden, da diese bisher jährlich im Bundeshaushalt neu verhandelt wurden. Für das BEW besteht durch die EU-rechtliche Befristung des Programms bis 2028 zusätzlicher Zeitdruck. Union und SPD sind sich grundsätzlich einig, dass die BEW aufgestockt und die BEG reduziert werden sollte. Konflikt droht jedoch bei der Finanzierung: Die Union verweigert eine Festlegung auf jährlich 3,5 Mrd. Euro für die BEW im Koalitionsvertrag, die laut Fernwärmeverband AGFW und VKU für den Ausbau der Fernwärme entsprechend den Klimazielen erforderlich sind.

Das 500 Mrd. Euro schwere Infrastrukturpaket bietet zwar Spielraum, es bleibt jedoch unklar, wie diese Mittel konkret verteilt werden sollen und ob am Ende überhaupt genug Geld für Fernwärme und Wärmepumpen bleibt. Das Fehlen der Transparenz und konkreter Zahlen zur BEW-Finanzierung ist zu kritisieren, wie es der VKU auch bereits tut. Abhilfe könnte hier die Klärung der Mittelverwendung von 500 Mrd. € sein, auch wenn grundsätzlich kurzfristig damit kaum zu rechnen sein dürfte. In einem ersten Schritt wird das Thema daher vermutlich im Zuge der Diskussionen zum Bundeshaushalt 2025 geführt werden müssen.

Für die Energiewendefonds ist kein klarer Zeitplan im Koalitionsvertrag vorgesehen, ein schneller Start ist jedoch nicht zu erwarten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Notwendigkeit großer Investitionen bereits erkannt und schlägt eine zeitlich gestreckte Finanzierung im Einklang mit der Schuldenbremse vor, wobei eine öffentliche Investitionsgesellschaft oder ein staatlicher Finanzierungsfonds möglich wären. Das Finanzministerium, ehemals unter der FDP mit einer eher ablehnenden Haltung dem gegenüber, zeigt unter der neuen SPD-Führung eine offenere Haltung gegenüber der Fondsidee. Das kann sich wiederum ändern, wenn es auf die konkrete Umsetzung und Haushaltsfragen ankommt. Den Verbänden fehlen erneut verbindliche Zusagen und konkrete Zahlen.

Im Großen und Ganzen signalisiert der Koalitionsvertrag eine politische Neuausrichtung hin zu mehr Technologieoffenheit, lässt jedoch zunächst viele Fragen offen. Entscheidend wird sein, dass die neue Bundesregierung tragfähige gesetzliche Rahmenbedingungen möglichst schnell schafft, um Planungssicherheit für Investitionen und Umsetzung zu bieten.