Die EU-Kommission möchte Berichtspflichten nach CSRD-Richtlinie lockern

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Berichtspflichten nach CSRD-Richtlinie

Im Rahmen des von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigten Omnibus-Verfahrens soll die Anzahl der nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichtpflichtigen Unternehmen deutlich verringert werden. Anders als bisher sollen nur noch große Betriebe verpflichtet sein, einen Bericht über ihre Nachhaltigkeit anzufertigen. Laut EU sind diese 20 % der bisher betroffenen Unternehmen für die größten Auswirkungen auf Menschen und Umwelt verantwortlich, so die Begründung. Betroffen sind hiernach nun weiterhin Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 450 Mio. €. Ein Ziel der Anpassung ist vor allem die Entlastung der ca. 80 % kleinen und mittelständigen Unternehmen, ein zweites die Verringerung bürokratischen Aufwands.

Die EU-Kommission schlägt eine stufenweise Berichtspflicht vor

Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und 450 Mio. € Jahresumsatz sind voll berichtspflichtig. Betriebe mit weniger als 450 Mio. € Jahresumsatz, aber mehr als 1.000 Mitarbeitern sollen auf den Bericht von Opex-Kennzahlen verzichten können.

Der freiwillige Berichtsstandard der EU für kleine und mittlere Unternehmen (VSME-Voluntary reporting standard for SMEs) soll offiziellen Charakter bekommen. Er beinhaltet eine übersichtliche Anzahl an Datenpunkten zu Umwelt, eigenen Arbeitskräften und Governance und enthält keine Wesentlichkeitsanalyse. Dieser Standard soll ebenso als Obergrenze für die Daten verankert werden, die von nicht berichtspflichtigen Unternehmen angefordert werden dürfen.

Sektorspezifische Nachhaltigkeitsberichtsstandards sollen nicht mehr eingeführt werden.

Die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer soll nur noch mit begrenzter Sicherheit durchgeführt werden, um Aufwand und Kosten zu reduzieren.

Berichtspflichtige Unternehmen müssen statt 2025 erst ab 2027 berichten.

Es gibt gute Gründe, auch freiwillig einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen

Trotz geänderter Richtlinien sprechen beispielsweise Wettbewerbsgründe oder die Zusammenarbeit mit großen Unternehmen dafür, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Weiterhin besitzen KMU eine Schlüsselrolle in der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft und sollten, wenn sie sich dieser Rolle bewusst sind, auch weiter an ihren Nachhaltigkeitszielen arbeiten. Darüber hinaus bereiten sich viele KMU, wie auch Stadtwerke und kommunale Versorger seit Monaten, teils Jahren auf die Berichtspflicht vor. Aufgebaute Systeme, wie Nachhaltigkeitsmanagement und entsprechendes Reporting sind ebenfalls gute Gründe, auch ohne Pflicht an Nachhaltigkeitszielen zu arbeiten. Ein freiwilliger, kleinerer Nachhaltigkeitsbericht nach VSME ermöglicht Unternehmen bspw. die Auskunft von Nachhaltigkeitsthemen an ihre Stakeholder. Zusätzlich kann der Bericht als Analyse für die Unternehmen selbst dienen, um darauf eine nachhaltige Unternehmenssteuerung und -strategie zu bilden. Erste Reaktionen zeigen, dass viele KMU entsprechend handeln wollen, und an dem Reporting und dem Ausbau der begonnenen Strukturen festhalten möchten. Hierbei soll eine freiwillige, etwas weniger umfassende Berichterstattung geprüft werden.

Die vorgeschlagenen Änderungen bringen für betroffene Unternehmen Planungsunsicherheit und sorgen für Risiken

Die Änderungsvorschläge sorgen im ersten Schritt für Planungsunsicherheiten. Da die EU-Kommission eine Richtlinie nicht eigenständig ändern kann, sondern Zustimmung von EU-Parlament und EU-Rat benötigt, entstehen für betroffene Unternehmen bei den oft engen Zeitplänen für CSRD-Berichte Unsicherheiten bezüglich der Entscheidung, ob die Berichtserstellung fortgesetzt werden sollte. Hieraus entsteht folglich die Frage, ob laufende CSRD-Projekte schon eingestellt werden sollten, obwohl noch keine rechtliche Klarheit herrscht, oder diese bis zu einer endgültigen Fassung weiterlaufen zu lassen. Anstatt sich weiterhin auf den Nachhaltigkeitsbericht zu konzentrieren, können die verwendeten Ressourcen nun jedoch auch auf andere Umweltprojekte, wie z.B. einer Treibhausgasbilanz oder Dekarbonisierungsstrategie, umgelagert werden. 

Rödl und Partner halten die Pflichtbefreiung für zu weitgehend

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl und Partner hält eine Vereinfachung der ESG-Pflichten im Grunde für sinnvoll. Der jedoch weit darüber hinaus gehende Ausschluss von über 80 % berichtspflichtiger Unternehmen wird als zu weitgehend erachtet. Der Entwurf sorge dafür, dass sich ein Großteil der Unternehmen von der Verantwortung entziehen können, sich mit den Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft zu beschäftigen. Dabei widerspricht die EU auch ihren Nachhaltigkeitszielen und der Schaffung einer ESG-Datengrundlage, um daraufhin gezielt in nachhaltige Wirtschaft zu investieren. Zusätzlich müssen Stakeholder bei wegfallenden Berichten Nachhaltigkeits-Informationen in vielen Fällen wieder direkt beim Unternehmen anfragen. Vor allem Unternehmen mit hohen Investitionen, wie Energiewirtschaftsunternehmen, können hier von erhöhtem Aufwand betroffen sein.

Fazit: Nachhaltigkeitsberichte werden auch in Zukunft von hoher Relevanz sein

Der Vorstoß der EU-Kommission bringt Erleichterungen für eine Vielzahl von Unternehmen in dem jedoch kritischen und zeitkritischen Bereich Nachhaltigkeit mit sich. Bis zu einem rechtskräftigen Änderungsbeschluss können betroffene Unternehmen dennoch nicht risikofrei planen und ihre Kapazitäten und Ressourcen neu auslegen. KMU müssen sich derzeit folglich mit der Frage auseinandersetzen, ob die CSRD-Projekte bereits eingestellt werden und ob nach einem möglichen EU-Beschluss freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellt werden. Der Themenkomplex Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima wird trotz derzeit geringer werdender Relevanz in der Politik weiterhin enorm wichtig für die Zukunft der Menschen und auch der Wirtschaft sein. Die Empfehlung lautet daher, die Ressourcen in diesem Gebiet nicht zu verringern, sondern gegebenenfalls neu auszurichten und zu verteilen.