Wissenschaftliche Studie prognostiziert höheren Strompreis in Deutschland als vor der Energiekrise – trotz des Ausbaus Erneuerbarer Energien
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Strom bleibt trotz Ausbau Erneuerbarer Energien teuer
Wie wird sich die Strompreisentwicklung an der Börse in Zukunft gestalten?
Auch mit dem weiteren Zubau erneuerbarer Energien wird der Strompreis in Deutschland in den kommenden Jahren höher sein als vor der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, der Hochschule Offenburg und des Stromnetzbetreibers Tennet.
Die Studie prognostiziert, dass die Börsenstrompreise bis 2030 im Vergleich zu den Jahren vor der Energiekrise deutlich höher liegen werden – für 2025 wird ein durchschnittlicher Preis von 104 €/MWh erwartet – und von größerer Volatilität gekennzeichnet sein werden. Das ist bereits eine knappe Verdreifachung des Preises von 2019 (37 €/MWh).
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Studie prognostiziert Preise bis 2030
Basis für die aktuelle Studie, die im Fachjournal Energy Policy veröffentlicht wurde, ist ein ökonometrisches Modell, das historische Strommarktdaten für Deutschland aus den Jahren 2015 bis 2023 verwendet und eine umfassende Reihe langfristiger Treiber des Strompreises untersucht.
Im Durchschnittsszenario werden die Stromkosten 2030 bei ca. 88 €/MWh liegen. Durch einen deutlich stärken Zubau an Erneuerbaren Energien reduzieren sich diese Kosten auf ca. 60 €/MWh, was aber immer noch deutlich über den Vorkrisen-Jahren liegt. Im Gegenzug kann jedoch durch höhere CO2-Preise oder höhere Gaspreise der Strompreis auch auf bis zu 120 €/MWh ansteigen.
Während der Zubau von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergieanlagen erwartungsgemäß zu einem niedrigeren Strompreis führen sollte, stehen dem eine Reihe von anderen Aspekten entgegen, die letztlich einen Preisanstieg bewirken. Dazu gehören ein Anstieg des Stromverbrauchs, der Atomausstieg, ein steigender Preis für CO2-Emissionszertifikate sowie ein höherer Gaspreis als vor der Krise. Der kombinierte Einfluss dieser Faktoren führt insgesamt dazu, dass die Strompreise in den kommenden Jahren deutlich höher liegen werden als vor der Krise.
Treiber für eine wachsende Stromnachfrage sind zum Beispiel E-Mobilität, Wärmepumpen, Gebäudeklimatisierung, Rechenzentren oder auch perspektivisch Elektrolyseure für die Wasserstoffproduktion. Der Ausstieg aus der Kernenergie als Deutschlands Sonderweg verteuert ebenso tendenziell den Energieverbrauch. Teurer wird Energie zusätzlich durch einen kontinuierlich steigenden CO2-Preis, der fossile Energieträger wie Kohle und Gas belastet.
Auch der Gaspreis, der durch die geopolitischen Verwerfungen mit Russland nun deutlich höher liegt als noch vor der Energiekrise, führt zu einem höheren Strompreisniveau. Nach seinem zwischenzeitlichen Höchststand von über 300 €/MWh im Jahr 2022 hat er sich zwar stabilisiert, bleibt jedoch ein wesentlicher Kostentreiber.
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Volatilität bei Strompreisen wird steigen
Der wachsende Anteil der Erneuerbaren Energien am Mix der Stromerzeugung ist nicht nur ein Treiber für den Strompreis, sondern wird in Zukunft an der Börse auch für höhere Volatilität, also für stärkere Preisausschläge nach oben und unten sorgen. So löste beispielsweise Mitte Dezember eine Dunkelflaute – keine Sonne und kein Wind –einen kurzfristigen Preissprung auf rund 1.000 Euro je MWh aus. Auch die sich verändernden Preise für CO2-Zertifikate und Gas tragen zur höheren Volatilität bei.
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Fazit
Eine wichtige Schlussfolgerung ist, dass ein hoher und volatiler Strompreis in naher Zukunft Investitionen in erneuerbare Energien und Flexibilitätstechnologien fördern kann, jedoch Konsumenten vor Herausforderungen stellen wird. So haben die prognostizierten Marktentwicklungen erhebliche Folgen für Energieversorger, die trotz der steigenden Kosten ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern und Strategien entwickeln müssen, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben.
Versorger werden sich stärker gegen Preisschwankungen absichern müssen, z. B. durch langfristige Lieferverträge, Hedging-Strategien oder eine Diversifizierung ihrer Erzeugungsquellen. Ein Beispiel dafür sind Power Purchase Agreements (PPAs), um sich erneuerbaren Strom langfristig zu sichern. Auch eine dynamische Preisgestaltung für Endkunden kann helfen, Preisschwankungen besser weiterzugeben.
Um sich an die volatileren Strompreise anzupassen, sollten Energieversorger verstärkt in Speichertechnologien, Lastmanagement und flexible Erzeugungskapazitäten investieren. Hier könnte der Aufbau von Batteriespeichern und Wasserstofftechnologien helfen, um Erzeugungsspitzen wirtschaftlich zu nutzen. Daneben sollten auch die Steuerungsmöglichkeiten von digitalen Ortsnetzstationen oder direkt beim Haushaltskunden ausgebaut werden.
Im Fazit stellen die hohe Volatilität und die steigenden Preise im deutschen Strommarkt Energieversorger zwar vor beträchtliche Herausforderungen, bieten aber auch Chancen für diejenigen, die sich frühzeitig anpassen und in Flexibilität, erneuerbare Energien und innovative Geschäftsmodelle investieren.
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