Verbände fordern von der neuen Bundesregierung Schwerpunkte bei Digitalisierung, Versorgungssicherheit und Wärme
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Energiepolitische Forderungen an die kommende Bundesregierung 2025
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) haben ihre energiepolitischen Forderungen an die kommende Bundesregierung 2025 vorgestellt. Dabei stehen beim VKU die Versorgungssicherheit und eine verstärkte Wärmeoffensive im Fokus, während der BNE den Schwerpunkt bei der Digitalisierung und der Erneuerung des Marktdesigns setzt.
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Die Versorgungssicherheit muss weiterhin absolute Priorität haben.
Es ist wichtig, dass die erneuerbaren Energien weiter massiv ausgebaut und dabei auch die Speichertechnologien berücksichtigt werden. Noch liefern die Erneuerbaren zu wenig verlässliche Energie. Deshalb muss deren Einspeisung verstetigt werden, betonte der VKU und verwies auf die Notwendigkeit einer Kraftwerksförderung unter der nächsten Bundesregierung, wobei die Kraftwerke bereits für die Bereitstellung von steuerbarer Leistung und Flexibilität honoriert werden müssen. Ein Kapazitätsmarkt muss also dringend eingeführt werden. Ebenso muss ein beschleunigter Ausbau neuer steuerbarer Kraftwerke, auch KWK-Anlagen, mit klimaneutralen Brennstoffen wie Wasserstoff oder entsprechende Umrüstung bestehender Anlagen in den Fokus gerückt und finanziell angereizt werden. Ziel muss eine höhere Auslastung der Stromnetze und eine bessere Markt- und Systemintegration sein.
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Im Bereich der Wärmeversorgung sieht der VKU ebenfalls dringenden Handlungsbedarf.
Für mehr Fernwärme ist eine bessere Finanzierung für den Leitungsbau, eine bessere Regulierung, Bürokratieabbau und die Abschaffung von Mikromanagement nötig. Obendrein müssen Gebäudeenergiegesetz (GEG) und Wärmeplanungsgesetz entschlackt und „praxisgerechter“ gestaltet werden, um eine echte Technologieoffenheit inklusive klimaneutraler Gasanwendungen zu sichern.
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Der VKU fordert unter anderem Planungs- und Investitionssicherheit.
Gerade für die milliardenschweren und langfristigen Infrastrukturprojekte, wie den Ausbau erneuerbarer Energien, die Umgestaltung der Strom-, Fernwärme- und Gasnetze, die Dekarbonisierung des Wärmesektors oder die klimaneutrale Mobilität kann dies nur durch dauerhafte und damit verlässliche Grundsatzentscheidungen über Regierungswechsel hinweg erreicht werden. Entscheidend ist, dass es bei den Klimazielen einen realistischen Umsetzungspfad für das2045-Ziel entwickelt wird, wobei die politische Rahmensetzung sich noch deutlich stärker als bisher an der volkswirtschaftlichen Effizienz ausrichten muss.
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Der BNE plädiert für einen Neustart der Digitalisierung im Energiesektor und eine Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Lösungen.
Für das Aufsetzen einer erfolgreichen Digitalisierung schlägt der Verband unter anderem eine Vereinfachung und Entbürokratisierung des Smart-Meter Rollouts, eine radikale Vereinfachung der technischen Anforderungen an die Geräte sowie eine Erhöhung des Digitalisierungsgrads bei den Prozessen der Netzbetreiber vor.
Der BNE setzt sich für ein marktwirtschaftliches Marktdesign ein und wendet sich gegen „planwirtschaftliche Ansätze“ wie Kapazitätsmärkte oder die in der Kraftwerksstrategie verklausulierten Subventionsprogramme. Stattdessen sollen die erneuerbaren Energien im Markt gestärkt und durch marktorientierte Instrumente wie PPAs und eine optimierte Direktvermarktung bei Kleinanlagen gefördert werden. Des Weiteren sollte das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in der kommenden Legislaturperiode beendet werden, während das EEG bei der Kraft-Wärme-Kopplung stärker auf Flexibilität ausgerichtet werden sollte.
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Ein weiterer zentraler Punkt im Forderungskatalog des BNE ist die Reform der Netzentgelte.
Die Netzentgelte sollten neu geregelt werden, da die heutige Arbeitslogik immer mehr an Bedeutung verliert. Für eine faire und bessere Netzentgeltverteilung sollte die generelle Herausnahme von vielen Netzangeschlossenen stark zurückgefahren werden und variable Netzentgelte nicht nur wie heute Verbrauchern Anreize für ein netzdienliches Verhalten bieten, sondern zukünftig auch Einspeisern und weiterer Flexibilitätsgeber.
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Fazit
Die beiden Verbände sind sich in der grundlegenden Ausrichtung der Energiepolitik und der Klimaneutralität in vielen Dingen einig, es gibt jedoch vereinzelt Unterschiede in ihren Schwerpunkten und Perspektiven. So vertreten der VKU und der BNE unterschiedliche Perspektiven zum Marktdesign in der Energiewirtschaft. Während der VKU sich im Hinblick auf das langfristige Zielbild eines dekarbonisierten Stromsystems für einen dezentralen Kapazitätsmarkt mit einer gesicherten planbaren Infrastruktur ausspricht, legt der BNE den Fokus auf flexible marktwirtschaftliche Lösungen, die dezentrale und innovative Technologien fördern, anstatt auf Kapazitätsmärkte, die seiner Meinung nach veraltete und ineffiziente Kapazitäten unterstützen. Aus unserer Sicht sind Kapazitätsmarkte jedoch hilfreich, wobei die Marktinstrumente wie PPAs trotzdem gefördert werden sollten. Die Idee einer Direktvermarktung bei Kleinanlagen finden wir jedoch zu kleinteilig und auch möglicherweise abschreckend für Interessenten, die sich eine kleine Anlage anschaffen wollen.
Die Forderungen in der Fernwärme sind nachvollziehbar, da Fernwärme eine sinnvolle Maßnahme zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung und Verbesserung der Energieeffizienz in städtischen Gebieten ist, insbesondere wenn sie mit erneuerbaren Energien oder Abwärme aus industriellen Prozessen kombiniert wird. Darüber hinaus spricht der geringe Wartungsaufwand durch die zentrale Infrastruktur für die Endverbraucher stark dafür. In ländlichen Gebieten ist der Ausbau hingegen weniger sinnvoll und effizient.
Wir unterstützen den Fokus auf Digitalisierung bei den Energieversorgungsunternehmen. Durch das Process Mining und die Einbindung von KI-Systemen können Unternehmen ihre Prozesse optimieren und beschleunigen, was zudem notwendig ist, um auf die geänderten Bedürfnisse von Kunden reagieren zu können.
Eine Netzentgeltreform ist ebenfalls sinnvoll, da die Verteilung der Netzentgelte in ihrer derzeitigen Form eine Reihe von Nachteilen hat, insbesondere in Bezug auf Verteilungsgerechtigkeit, Effizienz und Integration erneuerbarer Energien. Eine zukünftige Netzentgeltstruktur sollte moderne energiewendetaugliche Tarife ermöglichen.
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